REINHARD "ZWAKKELMANN" WOLFF - Shit Single: Anekdoten eines Vollidioten |
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248 pages |
Frühling 2020. Corona Virus. Lockdown. Ganz Deutschland liegt brach, außer natürlich den Pflegekräften sowie andere notwendige Berufe. Reinhard Wolff, auch bekannt als Schlaffke und Zwakkelmann, nutzte seine temporäre Arbeitslosigkeit, um sein erstes Buch zu schreiben. Dabei handelt es sich nicht um Fiktion, sondern um Stationen aus seinem Leben. Im Gegensatz zu den meisten Lebensläufen beginnt dieses Buch nicht mit der Geburt des Autors, sondern mit der aktuellen Lage. Reinhard Wolff schlendert durch menschenleere Fußgängerzonen und dabei kommen ihm die unmöglichsten Erinnerungen seiner Vergangenheit in den Kopf. Anfangs befürchtete ich, es könnte vielleicht etwas konfus werden, doch beim Lesen wurde dieser Gedanke schnell untergraben. Schon in seinen Songtexten beweist Reinhard Wolff sich stets als Meister der Wortspiele und kaum einer, vielleicht mal abgesehen von Heinz Erhardt, findet witzigere Reime als dieser Schelm ohne Helm (meist mit Mütze). Kapitelnamen wie ‘Ein Esel in Wesel’, ‘Pinkeln in Hamminkeln’ oder ‘Stubenrocker’ sind nur ein paar witzige Titel. Falls die Möglichkeit besteht, werden auch Songzitate miteingebaut, um eine der bizarren Situationen noch anschaulicher darzustellen. Reinhard Wolff ist nur ein paar Jahre älter als ich und somit mehr oder weniger zur gleichen Zeit aufgewachsen. Dabei sind mir zwischen unserer Kindheit sowie Jugend viele Parallelen aufgefallen. Wir hatten beide schon allein durch den Musikgeschmack ein bisschen die Rolle des Außenseiters übernommen. Im Sportunterricht wurden wir stets als einer der paar letzten in eine Mannschaft gewählt. Zudem waren wir beide keine Frauenhelden. Diese Gemeinsamkeiten gehen sogar bis in die Neuzeit über, denn weder Reinhard Wolff noch ich können etwas mit dem ganzen Hipster Gehabe anfangen. Das Buch ist größtenteils enorm witzig geschrieben, denn Reinhard Wolff ist sich nicht zu schade, auch auf etliche Peinlichkeiten und ein paar seltene Eskapaden aus seinem Leben einzugehen. ‘Blank im Pfarrhaus’ ist vielleicht das witzigste Kapitel, aber auch die Erzählungen über seinen Anstreicherchef und das ältere Ehepaar, wo er eine Wohnung gemietet habe, brachten mit stets zum Lachen. Auch die Pannen, die bei einzelnen Schließmuskel und Zwakkelmann Shows vorkamen, soll man sich nicht entgehen lassen. Ein paar ernsthafte Szenen gibt es dennoch. So zwischen den Zeilen kann man lesen, dass Reinhard Wolff nicht immer das beste Verhältnis zu seinen Eltern hatte. Das Kapitel über den Autounfall, bei dem sein jüngerer Bruder ums Leben kam, hat mich beim Lesen richtig erschüttert. Auch der kürzliche Shitstorm, der das Lied ‘Dumme Nazibraut’ auf den sozialen Plattformen auslöste, kommt im Buch vor und zeigt den Autor von einer weniger witzigen Seite. Als Musiker bin ich schon seit ‘Alphabet der Mafia’ von Reinhard Wolff überzeugt. 30 Jahre später muss ich sagen, dass er ein einfaches, aber auf seine spezielle Art und Weise auch ganz kreatives und fesselndes Buch geschrieben hat. Wer den Musiker schon seit über drei Jahrzehnten verfolgt hat, soll sich diese knapp 250 Seiten auf keinen Fall entgehen lassen. Aber auch andere Menschen könnten hieran Gefallen finden. Denn die meisten von uns haben ganz bestimmt wenigstens ein kleines bisschen Zwakkelmann in sich. |